9 Tipps, wie Du als Führungskraft Dein Team in der Krise nicht verlierst
Du hast grade gestern einen der normal gewordenen Team-Calls gemacht und es irritiert Dich, dass außer Dir niemand die Kamera aktiviert hat. Überhaupt hat sich kaum jemand am Call beteiligt, Du merkst, wie es zäh(er) wird, Antworten aus Deinem Team zu erhalten.
Da Ihr Euch seltener als Team vor Ort im Büro trefft, fehlt der direkte Austausch untereinander. Die „Coffee Talks“, der schnelle Gang zum Gegenüber oder auf dem anderen Stockwerk entfallen.
Die 1:1 mit Deinen Teammitgliedern machst Du per Call, es wird sich aufs Wesentliche konzentriert, die Calls dauern maximal 15 Minuten, damit man zu beiden Seiten wieder ungestört arbeiten kann.
Lunches mit Deinen Teammitgliedern sind selten geworden, Du überlegst in der aktuellen Situation einmal mehr, wann lohnt es den Aufwand, ins Büro zu fahren oder bleibst Du nicht doch lieber im Homeoffice und kannst das per Telefon erledigen.
Das letzte Team-Event war der Gang über den Weihnachtsmarkt nach Feierabend im Winter 2019…
„New normal“ haben wir das getauft. Doch etwas stimmt hier nicht.
Grundvoraussetzung: Deine Erkenntnis!
Wenn Dir die oben skizzierten Situationen bekannt vorkommen, solltest Du noch tiefer in Dein Team und Dich hinein hören. Denn der erste Schritt geht von Dir als Führungskraft aus: Erkenntnis darüber, dass mit Deinem Team irgendetwas gerade nicht „rund“ läuft. Und dann kannst Du Handeln. Wie genau, beschreibe ich Dir in den nachfolgenden 9 Punkten.
1. Status Quo einholen
Setze ein Team-Meeting oder -Call an, bei dem Du Deine Wahrnehmung oder das Feedback, was Du ggf. von einzelnen Mitgliedern bereits erhalten hast, offen thematisierst. „Ich nehme grade wahr dass…“, „Habe ich richtig verstanden, …“, „Bei mir kommt verstärkt an, …“. Doch äußere auch Deine Wünsche als Führungskraft: „Ich wünsche mir mehr/häufiger/weniger…“. Sei offen für alles, was Dein Team Dir aufgibt. Wichtig ist, dass Du und Dein Team (wieder) in Interaktion seid! Und dann gilt Punkt 2.
2. Aufmerksamkeit
Aktives Zuhören ist von Dir jetzt mehr denn je gefragt. Doch was bedeutet das? Sei aufrichtig interessiert an Deinen Mitarbeitern, zeige Nähe und Empathie. Nicht nur die aktuellen Themen im Job sind für Dich als Vorgesetzter relevant, auch die private Situation kann eine entscheidende Rolle für die Arbeitsleistung Deiner Mitarbeiter spielen. Dabei geht es nicht darum, in allen Details in die Privatsphäre Deiner Mitarbeiter vorzudringen, sondern sich mit Empathie und Feingefühl ein Bild davon machen zu können, ob dessen private Situation grade förderlich für den Job ist oder nicht. Und wenn nicht, ob Du als Vorgesetzter etwas dafür tun kannst, diese positiv zu beeinflussen.
3. Regelmäßiger Austausch / Jour Fixe
Plane ein regelmäßiges Telefonat - mit dem Team und mit jedem einzelnen Mitarbeiter. Vielleicht gab es zuvor schon eine wöchentliche, zweiwöchentliche oder monatliche Routine. Wichtig ist, sie einzuhalten und genauso aktiv, lebendig und vielfältig zu gestalten, wie zuvor (vor der Krise des Teams). Was meine ich damit? Bei Telefonaten haben alle Beteiligten die Kameras aktiviert – wenn Ihr Euch nicht live treffen könnt, ist das der minimale Ersatz dafür! Und bei 1:1 Treffen mit Deinen Mitarbeitern kann man sich auch gerne mal zum Spaziergang auf dem Firmengelände oder im vielleicht nahegelegenen Park verabreden. Erwiesenermaßen ist Bewegung bei jeglicher Art von Gespräch förderlich und Du verbringst exklusive Zeit mit Deinen Mitarbeitern. In Zeiten von Covid-19 sind Treffen außerhalb des Büros zudem eine willkommene Abwechslung geworden. Einfach einmal ausprobieren!
4. Feedback vom Team
Ja, das mag nicht angenehm sein und Du weißt auch nicht, welche Antworten Dir Dein Team geben wird: Doch ohne ein Feedback vom Team eingeholt zu haben, wirst Du als Führungskraft dem Grund der Krise im Team nicht auf die Spur kommen können. Also, mutig voran! Denke an die große Chance, Dein Team erstens wieder in die ursprüngliche Kraft bringen zu können und zweitens Euch wieder als Team zu etablieren – mit Dir als Vorgesetzten.
Nutze hierfür einen ausführlichen Team-Call oder trefft Euch bestenfalls persönlich. Stell‘ die Regeln des konstruktiven Feedbacks (lösungs- und zukunftsorientiert) auf und bei allem – macht Euch auch klar, was schon wirklich gut (oder in diesem Fall eher immer noch gut) läuft. Und dann sammelt Lösungsideen für Eurer Team in einem kreativen Brainstorming. Als Vorgesetzter kannst Du dies selbst moderieren, manches Mal ist es auch hilfreich, sich hier durch einen Externen unterstützen zu lassen. So kannst auch Du als Führungskraft mit 100% Deiner Aufmerksamkeit beim Thema dabei sein und Dein Team beobachten.
5. Ziele des Teams verdeutlichen
Die Ziele für das neue Jahr waren Anfang des Jahres fixiert, bestenfalls sogar visualisiert. Doch dann kam die Krise (des Teams). Um Deinem Team zu verdeutlichen, warum es wichtig ist, dass sie gemeinsam an den Zielen arbeiten, übergeordnet sogar an der Vision des Unternehmens, ist es wichtig, diese immer wieder zu verdeutlichen. Das kannst Du sowohl in den Einzelgesprächen als auch in den Team-Calls machen.
6. Weniger ist mehr
Wenn Du merkst, dass in Deinem Team irgendetwas fehlt oder nicht stimmt, dann ist es wichtig, sich auf die Kernthemen zu fokussieren. Zu viele Projekte oder Nebenkriegsschauplätze sind jetzt hinderlich – Fokus aufs Wesentliche! Verschaffe Dir einen Überblick über alle laufenden Themen und priorisiere für Dich (strategisch, businessrelevant, ressourcenorientiert), um Deine Prioritäten mit dem Team dann abzugleichen. Entlaste Dein Team von den Themen, die Euch als Team „zerfasern“.
7. Ermutige Dein Team, Verantwortung zu übernehmen
…denn alle guten Vorsätze sind nur etwas wert, wenn jeder sich auch dafür eigenverantwortlich einsetzt! Arbeitet heraus, welchen Mehrwert Eure Lösungsideen haben und macht Euch auch deutlich, dass es Zeit benötigt, bis man die ersten Erfolge sieht. Doch jeder einzelne des Teams ist dafür wichtig! Einer für alle, alle für einen.
8. Projektübergreifende Zusammenarbeit fördern
Als Vorgesetzter ist es für Dich gut zu wissen, wem im Team Du welche Arbeiten anvertrauen kannst – keine Frage! Da gibt es den Visionär, den Kritiker, den Analytiker, den Vertriebler… Du kennst Dein Team gut genug. Doch sei mutig, auch in Zeiten der Krise, projektübergreifende Tandems zu bilden. Wenn immer die gleichen Mitarbeiter die gleichen Themen übernehmen, kann das zu Langeweile und Frust führen – und Demotivation bei denjenigen im Team, die eine solche Aufgabe auch schon immer einmal übernehmen wollten. Du kannst mit Tandems einen erfahrenen mit einem weniger erfahrenden Mitarbeiter kombinieren und förderst so „ganz nebenbei“ auch noch den Austausch der Teammitglieder untereinander.
9. Hilfe von außen
Wenn Du als Vorgesetzter keine Lösung für die Krise innerhalb des Teams hast oder Du feststellst, dass es eine Ursache hat, an deren Auflösung Du Dich allein nicht heranwagst, ist das keine Schande, sich Hilfe zu holen! Schau Dich dabei zunächst in der eigenen Organisation um: Gibt es best practice Beispiele? Andere Führungskräfte, mit denen Du Dich austauschen könntest oder auch die Personalabteilung, die Dich unterstützen kann? Wenn Du damit nicht weiterkommst, gibt es auch externe Möglichkeiten: Einen Coach, der auf einzelne im Team eingeht oder auf Euch als gesamtes Team. Doch vielleicht gibt es einen Konflikt, den es zu lösen gilt, dann kann Dir ein Mediator hilfreich zur Seite stehen. Was Du auch etablieren kannst, ist eine sogenannte Supervision mit Deinem Team. Das heißt, dass Ihr alle vier bis acht Wochen ca. zwei Stunden Eurer kostbaren Arbeits- und Team-Zeit dafür widmet, Euch als Team zu analysieren. Was läuft grade besonders gut? Wo sind aktuell Schwachstellen? So kannst Du proaktiv und vor allem präventiv mit und für Dein Team für ein gesundes Klima sorgen.
Bei allem: Lasst den Spaß an der Sache nicht zu kurz kommen - Humor hilft ungemein. Und gebt Euch ein wenig Zeit, bis sich die ersten positiven Veränderungen zeigen. Es hat Wochen und Monate gedauert, bis Dein Team an diesem Punkt war – da wird es auch einige Wochen und ggf. Monate brauchen, bis Ihr gemeinsam aus der Krise gestärkt herauskommt. Wichtig ist, dass Du als Führungskraft weiter an Dein Team glaubst und diesen Prozess ernsthaft vorantreibst und unterstützt.
Anmerkung: Ich schreibe hier bewusst von einer „Krise“. Die hier angeführten Lösungsstrategien gelten für mich auch weit über eine Pandemie hinaus…








